Das Radfahrkonzept des ADAC

Dr. Boris Krostitz stellte das von ihm und dem ADFC ausgearbeitete Radfahrkonzept für Weinheim vor. © Foto: oe

ADFC präsentiert Radfahrkonzept für Weinheim

Fahrradtaugliche Stadt

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Weinheim präsentiert ein umfangreiches Konzept, um die Stadt fahrradtauglich zu machen.

 

Quelle:

Weinheimer Woche 07. Oktober 2020 - Nr. 4

(yw). Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Weinheim präsentierte vergangene Woche ein umfangreiches Konzept, um die Stadt fahrradtauglich zu machen. Inspiration kam dabei auch aus den Niederlanden.

Wenn Frank Weinreich (Vorsitzender ADFC Weinheim) sagt, es gehe noch besser, spricht er vor allem von den Möglichkeiten, die Weinheim bietet und der Vision des „RadNetz Woinem“. Ideen für eine klimafreundliche Mobilität soll diese Vision bieten, die der ADFC in langer Arbeit zusammen mit Dr. Boris Krostitz aufgestellt hat. Das „RadNetz Woinem“ wurde an diesem Abend im gut besuchten Rolf-Engelbrecht-Haus vorgestellt. 

Inspiration für das, was möglich ist, erhielten die Anwesenden zudem mit dem niederländischen Dokumentarfilm „Why We Cycle“. Er beantwortete die von Frank Weinreich in den Raum gestellte Frage, was passiert, wenn ein Land oder eine Stadt gemeinsam auf das Fahrrad umsteigt.

Der Film greift die Realität in den Niederlanden auf mit einem als selbstverständlich wahrgenommenen Radverkehrsanteil von nahezu 50 Prozent im innerörtlichen Verkehr. Zudem kommen Bürger zu Wort, die ihre Fahrradgeschichten erzählen und von den positiven Einflüssen auf die Gesellschaft berichten. Die Dokumentation zeigte, dass das gegenseitige Vertrauen in die Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer ein entscheidender Faktor ist, ebenso wie eine gelungene Infrastruktur.

Unbefriedigender Status quo
Im Anschluss stellte Dr. Krostitz das ADFC-Radkonzept für Weinheim vor. Dabei stellte er fest, dass es eine schlechte Ausgangslage gebe. Sie sei zurückzuführen auf fehlende Radwege, wo sie nötig wären, ehemalige Radwege, die nicht mehr als solche zu erkennen seien und unattraktive neue Radwege. Aktuelle Schutzstreifen könnten laut Dr. Krostitz nur eine Zwischenlösung darstellen, da sie nicht vom Kfz-Verkehr getrennt, zu schmal und in der Regel ohne Farbmarkierung sind – außerdem führen sie meist zu dicht an parkenden Autos entlang.

Die Zufriedenheit der Bürger mit diesem Staus quo bezeugte er in Zahlen: Note 4,0 beim Fahrradklima-Test 2018, verbunden mit Platz 187 von 311 Kommunen in der Stadtgrößenklasse 20.000 bis 50.000 Einwohner. Außerdem rangiert Weinheim mit einem Radverkehrsanteil von 4 Prozent deutlich unter dem 10-ProzentSchnitt Baden-Württembergs.

Finanzierung durch Förderung
Dr. Krostitz hatte aber auch eine gute Nachricht: So muss es nicht bleiben. Und die Ausgangslage ist eigentlich gut. 90 Prozent der Weinheimer wohnen in der Ebene, fast alle wichtigen Ziele, wie Arbeitgeber, Schulen oder Freizeitangebote seien ebenfalls dort angesiedelt. Außerdem sei es immer möglich, Engpässe durch begrenzte Eingriffe zu lösen. So wird unter anderem die Öffnung von Einbahnstraßen vorgeschlagen – ganz nach niederländischem Vorbild. 
Ein Problem bleibe die Finanzierung, jedoch gebe es hier aktuell so gute Förderbedingungen wie nie zuvor. Über 1,5 Mrd. Euro werden laut Dr. Krostitz in den kommenden drei Jahren in Förderprogrammen zur Verfügung gestellt, teilweise betragen die Förderquoten 100 Prozent.

Detailliertes Konzept
Um sich an diesen Fördertöpfen bedienen zu können, benötigt es ausgefeilte Konzepte. Dr. Krostitz überzeugte mit einem sehr detaillierten Plan. Dabei wurde das vorhandene Radnetz auf Lücken und Gefahrenstellen untersucht, im Anschluss wurden aufkommensstarke Ziele erhoben, kartiert sowie Idealrouten festgelegt.

Dann erfolgte der Realcheck mit Messungen vor Ort. Das Ergebnis sieht eine Steigerung des Radnetzes von 21 auf 40 Kilometer vor, wobei ein Großteil als baulich eigenständiger Radweg entstehen soll. Für jeden Knotenpunkt wurde ein eigenständiger Fall beschrieben, der notwendige Veränderungen der Infrastruktur aufzeigte, einzelne Verbesserungsmöglichkeiten benannte und den Fahrradfahrer als gleichwertigen Verkehrsteilnehmer zu Auto und Fußgänger präsent werden ließ. 
Dr. Krostitz zeigte anhand von Zahlen, dass durch diese Maßnahmen die Sicherheit der Fahrradfahrer erhöht wird. Das könnte bis zu 60 Prozent der Bevölkerung, die vom Fahrradfahren vor allem die mangelnde Sicherheit abschreckt, überzeugen. Dr. Krostnitz beschrieb viele Situationen sehr genau, die anschaulichen Bilder ließen die Planungen lebendig und selbsterklärend werden.

Ergiebige Diskussion
Der Tenor der sich an die Ausführungen anschließenden Diskussion war eindeutig: Man hoffte auf Unterstützung aus der Politik. Passend dazu hatte Frank Weinreich zu Beginn fünf Stadträte unter den Zuschauern begrüßt. Die baten um die Anfertigung einer Prioritätenliste, da nach ihrer Meinung alle baulichen Vorhaben mit Blick auf die Stadtkasse nicht umsetzbar seien. CDU-Stadtrat Thomas Ott betonte, dass in die Planungen auch die Vororte einbezogen werden müssten, um den Gemeinderat zu überzeugen.

Weitere Wortmeldungen kamen von Bürgern, die zum einen die ausgefeilten Pläne samt ihrer positiven Botschaft lobten und zum anderen mit eigenen Geschichten, Ergänzungen und Anmerkungen zum Konzept die Dringlichkeit mancher Entscheidungen zugunsten der Fahrradfahrer verdeutlichten. Diskutiert wurden dabei auch kostengünstige Maßnahmen, die leicht umgesetzt werden könnten. Besonders positiv wurde dabei das Aufbringen von Farbe bewertet, die Aufmerksamkeit erzeugt.

Welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden und wie sich das Radfahren in Weinheim entwickelt sind und bleiben Fragen, die mit dem Abend nochmals auf der politischen Ebene platziert wurden.

Quelle: Weinheimer Woche - 07. Oktober 2020 - Nr. 41


https://weinheim.adfc.de/pressemitteilung/adfc-praesentiert-radfahrkonzept-fuer-weinheim

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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